Gedanken zum 13. Sonntag nach Trinitatis

Wed, 02 Sep 2020 15:16:37 +0000 von Torsten Kahle

Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes – das glauben wir. Jeder Mensch, den Gott ins Leben ruft,  hat er nach seinem Ebenbild geschaffen. Wir Menschen tragen alle sein Gesicht. Und dennoch fällt es uns oft schwer, füreinander da zu sein, wo andere unsere Hilfe brauchen. Weil es uns ja gut geht. Weil wir zum Glück keine Not leiden.

Schnell sagen wir dann auch: „Die sollen sich ans Sozialamt wenden. Bei uns muss niemand hungern!“ Oder: „Mir hat auch keiner was geschenkt. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“

Das ist oft richtig. Manche haben aber aus den verschiedensten Gründen keine Kraft dazu, einen Weg aus dem Elend, aus der Angst, aus der Verzweiflung zu finden.

Dann kann es helfen, wenn wir den schrecklichen oder ziellosen Weg ein Stück mitgehen. Zuhören und nicht verurteilen. Eine andere Meinung als die eigene aushalten und sich nicht abwenden. Einfach nur da sein und bleiben.

Einfach unsere Gottebenbildlichkeit ernst nehmen und der oder dem Nächsten als Schwester oder Bruder begegnen. Dem Weg Jesu zu den Menschen nachfolgen.

Indem wir den Wochenspruch zum 13. Sonntag nach Trinitatis zu Herzen nehmen, wie er im Evangelium nach Matthäus im 25. Kapitel, Vers 40 steht:

 Wahrlich, ich sage euch: 

Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

 

Du siehst uns an, Gott,
 und wir begegnen Deinem Blick
 in den Augen der Menschen, die uns nahe kommen.
 Lass uns dort nicht vorübergehen,
 wo Du uns erwartest
 und nach uns fragst.

Du siehst uns an mit den Augen der Flüchtlinge
 an Europas Grenzen,
 in Auffanglagern, in Niemandslandstreifen und auf dem Meer.
 Du siehst uns an
 mit den Augen all derer,
 die bei uns Heimat suchen und Lebensperspektiven,
 die auf unsere Offenheit und die Bereitschaft zu teilen hoffen.

Du siehst uns an mit den Augen der Menschen um uns,
 deren Lebensentwürfe zerbrochen sind,
 die von anderen enttäuscht oder verletzt wurden,
 die folgenreiche Fehler gemacht haben,
 die sich selbst im Wege stehen und nicht mehr weiter wissen,
 die auf unsere Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung warten.

Du siehst uns an mit den Augen der Menschen,
 die nicht mehr hoffen können,
 die durch den Tunnel von Depressionen irren,
 die niemanden haben, der ihnen zuhört,
 oder die niemanden mehr bei sich dulden können,
 und die in ihrer Einsamkeit doch unsere Nähe ersehnen.

Du siehst uns an mit den Augen von Kindern,
 mit ihren neugierigen,
 suchenden und ihren ängstlichen Blicken,
 wenn ein neues Schuljahr beginnt und Anforderungen wachsen.
 Du siehst uns an mit den Augen all der Kinder,
 denen niemand Freunde am Neuen vermittelt,
 die verwahrlosen,
 die Gewalt und Mißbrauch erleiden,
 die Angst haben,
 die sich früh schon fremd im eigenen Leben fühlen müssen,
 die auf unsere Zuneigung und unser Vertrauen hoffen.

Du siehst uns an,
 liebender Gott.
 Lass uns dort nicht vorübergehen,
 wo Du uns erwartest und nach uns fragst.
 Sei uns gnädig,
 dass wir Deinem Sohn Jesus Christus nachfolgen können
 in der Liebe zu unseren Nächsten und zu Dir.

Amen.

(Gebet der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche in Deutschland zum 13. Sonntag nach Trinitatis)
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