Gedanken zum 12. Sonntag nach Trinitatis

Fri, 28 Aug 2020 18:58:50 +0000 von Torsten Kahle

Normal, üblich, und absehbar wäre es, das Buch einfach zuzuschlagen. Es sind sowieso nur noch ein paar Seiten über. Mir hat es nie gefallen, und ich quäle mich jetzt schon so lange damit herum. Die Tür, die sowieso nur noch einen winzigen Spalt offensteht, zu schließen. Es kommt ja doch niemand mehr. Dann wird es auch nicht mehr ziehen.

Das geknickte Rohr ganz abzubrechen. Es hält ja doch nicht mehr. Den glimmenden Docht auszupusten. Die Kerze ist ja doch schon fast aus.

Das Volk Israel durfte eine andere Erfahrung machen. Lange lebte es im Exil, in das die Babylonier sie geschleppt hatten. Fern von der heiligen Stadt Jerusalem. Fern vom Tempel, dem Ort der Begegnung mit Gott. Sie waren verloren. Allein. Eigentlich war alles vorbei. Ihre Kultur, ihre Religion, ihre Hoffnungen.

Doch Gott erbarmte sich ihrer. Sie durften Jerusalem wiedersehen. Sie durften immer noch hoffen, dass ihr Leben mit Gott weitergeht. Denn Gott selbst ließ es weitergehen.

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.

So verkündet es der Prophet Jesaja dem Volk Israel (Jesaja 42,3). Dieser Bibelvers ist der Wochenspruch für den kommenden Sonntag, den 12. Sonntag nach Trinitatis.

Bei Gott gibt es immer noch Hoffnung. Er stützt, was schon zerbrochen scheint. Er belebt neu, was schon erloschen scheint. 

 

So besingt es auch der 147. Psalm:

Lobet den HERRN! / Denn unsern Gott loben, das ist ein köstlich Ding,

ihn loben ist lieblich und schön.

Der HERR baut Jerusalem auf

und bringt zusammen die Verstreuten Israels.

Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind,

und verbindet ihre Wunden.

 

Er zählt die Sterne

und nennt sie alle mit Namen.

Unser Herr ist groß und von großer Kraft,

und unermesslich ist seine Weisheit.

Der HERR richtet die Elenden auf

und stößt die Frevler zu Boden.
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